Theaterspielen erfordert Mut. Mut, dich ohne Netz und doppelten Boden vor Publikum zu stellen. Mut, dich auf deine Mitspieler zu verlassen. Mut, in eine andere Rolle zu schlüpfen. Theaterspielen ist ein gutes Beispiel für einen Mutmoment. Hier auf der Mutmaschine.
Mutmomente

Wie ich einmal Theaterspielen wollte – und was ich dabei gelernt habe

Von am 22. Mai 2017

Theaterspielen, in eine Großstadt ziehen, Events veranstalten – ich habe schon vieles gemacht, vor dem ich Respekt hatte. Für das ich Mut aufbringen musste, um es zu machen. Damit meine ich keine Heldentaten. Sondern ganz normale kleine Dinge, zu denen wir alle fähig sind. Und für die wir eben dennoch Mut brauchen, um sie zu tun.

 

Unter der Rubrik „Mutmomente“ will ich dir davon erzählen, wie das für mich war, was ich daraus mitnehmen und lernen konnte und ob ich es wieder machen würde.

 

Du hast auch solche Momente erlebt? Oder bist gerade dabei? Hast den Mut gefunden, etwas auszuprobieren – und möchtest uns gerne daran teilhaben lassen? Dann schreib mir an mutmomente (ätt) mutmaschine.de. Gerne möchte ich nämlich in dieser Rubrik künftig vor allem auch euch zu Wort kommen lassen. In Form von Interviews oder Gastbeiträgen. Meld dich gerne bei mir – getreu dem Motto des Blogs brauchst du dafür nichts außer ein wenig Mut… 😉

 

So, ich mache dann mal den Anfang. Mit einem Mutmoment aus meinem Leben. Dem Theaterspielen.

 

Die Scheinwerfer. Wenn ich an Bühnen denke, fallen mir immer zuerst wieder die Scheinwerfer ein. Ich habe sie oft bei Auftritten mit meinen Bands gesehen. Aber zum ersten Mal sah ich sie beim Theaterspielen.

Aus dem Publikum schauend, denkt man immer, die Menschen auf der Bühne würden in die Weite des Raumes starren und jedem Einzelnen ins Gesicht blicken können. Das ist aber in der Regel nicht so. Man sieht meist nur die ersten paar Reihen. Der Rest ist Licht. Die Scheinwerfer trennen dich von der Tiefe des menschengefüllten Raums.

Das wusste ich natürlich noch nicht, als ich mich für einen Lebensabschnitt als Hobby-Theaterschauspieler entschied. Ich wollte einfach mal sehen, wie das ist. Auf eine Bühne zu treten und zu wissen, dass man etwas vorführen wird. Und dass es keine Möglichkeit geben wird, Pausen zu machen oder irgendwas zu wiederholen.

Und ja, ich hatte Lampenfieber.

Aber ja, ich habe den Mut gefunden.

Und ja, es hat sich gelohnt.

Das hier ist die Geschichte, wie ich zum Theaterspielen kam und auch wieder damit aufhörte.

 

Wie es mit dem Theaterspielen begann

Meine Theaterkarriere begann gleich mal mit einem Rückschlag.

Ich war acht Jahre alt – und ich hatte gerade meine erste Hauptrolle ergattert. Im Weihnachts-Krippenspiel meiner Schule sollte ich den Joseph spielen.

Ich war komplett euphorisiert. Konzentriert hatte ich meinen Text gelernt. Auf den Tag hingefiebert, an dem die Aufführung stattfinden sollte. Diese Spannung hielt allerdings nur bis wenige Tage vor dem Auftritt.

Denn dann bekam ich Fieber.

Der Arzt musste vorbeikommen. Und stellte eine für mich damals niederschmetternde Diagnose: Windpocken! Ich war hoch ansteckend und durfte natürlich nicht spielen.

Stattdessen vertrat mich eine Mitschülerin, die – wie mir erzählt wurde – den Text ablesen musste, weil sie ihn so kurzfristig nicht mehr lernen konnte. Du siehst also, WIE knapp ich an diesem Auftritt vorbeigeschrammt bin.

Ich hütete derweil das Bett. Und nichts war es mit der großen Theaterkarriere.

 

Der zweite Anlauf

Um mich von diesem Rückschlag zu erholen, brauchte ich eine Weile. Es dauerte Jahre, bis ich wieder einen neuen Versuch in Richtung Bühne startete…

Naja, im Ernst bin ich gar kein so riesiger Theater-Fan, zumindest nicht als Zuschauer. Mein Herz hat schon immer eher dem Film gehört. Aber die Vorstellung, selbst einmal auf einer Bühne zu schauspielern, schien mir trotzdem immer reizvoll.

Eines Tages klappte es dann doch noch. Das kam dann sogar eher etwas zufällig zustande: Ein Kumpel von mir war gefragt worden, ob er eine Rolle im Schultheaterstück am Gymnasium übernehmen möchte.

Ich fand, das hörte sich interessant an und begleitete ihn dann spontan zur Regisseurin des Stücks, sprach dort ebenfalls vor und bekam tatsächlich genau wie er eine Rolle.

Plötzlich durfte ich den einfühlsamen Sozialpädagogen-Freund der traumatisierten Hauptfigur in „Die Wand des Schweigens“ spielen.

Wie sich dabei für mich herausgestellt hat, ist Theater spielen eine ziemlich coole Sache. Man lernt dabei eine Menge über sich selbst.

Und man kann eine tolle Zeit mit wunderbaren Menschen verbringen, die darauf ebenfalls richtig Lust haben.

Ich habe vom Theaterspielen einiges fürs Leben mitgenommen. Hier erfährst du, was das ist:

 

Was ich aus dem Theaterspielen gelernt habe:

Du lernst, deine Eitelkeit abzulegen

Ich weiß noch, dass die Regisseurin damals wollte, dass ich eine Rocker-Lederhose trage. Das hab ich damals noch völlig abgelehnt. Ich trage sowas auch heute nicht. Also privat. Auf der Bühne würde ich es dennoch heute anders sehen. Aber es schien mir damals absurd, so gekleidet vor der ganzen Schule zu stehen.

Es fand sich dann eh keine entsprechende Hose. Ich hatte sowas nicht und auch sonst ließ sich in keinem Kleiderschrank ein passendes Stück auftun. Deshalb durfte ich dann Jeans tragen. Aber immerhin zusammen mit einem Hemd im heftigen 90s-Pseudo-Batik-Look, das sich in den hintersten Ecken meiner Garderobe auftreiben ließ. Zur Verteidigung möchte ich sagen, dass das damals die 90er waren…  Genau das wollte die Regisseurin jedenfalls haben. Und genau das habe ich dann getragen.

Ich hatte damals noch lange Haare, ich war Grunger und Alternative-Rocker. Insofern habe ich den Sozialpädagogen glaube ich ganz glaubwürdig rübergebracht 😉

 

Du kannst Emotionionen einmal anders erleben

Es ist eine sehr interessante Erfahrung, mit anderen Menschen emotional Verbindung aufzunehmen, die man eigentlich gar nicht so gut kennt.

Die Szenen die ich damals gespielt habe, waren schon relativ intim. Nicht auf der körperlichen Ebene. Wir haben nicht mehr gemacht als Händchenhalten auf der Bühne. Wir haben uns auch nicht geküsst.

Aber es war schon so, dass es eine aufkommende Liebesbeziehung zwischen meiner Figur und der Hauptfigur gab, die sich durch das ganze Stück zog.

Die Hauptrolle wurde von einem Mädchen gespielt, das ungefähr in meinem Alter war. Ich fand sie ziemlich smart und attraktiv. Die Intention meiner Rolle, dieser Frau näherkommen zu wollen, schien mir definitiv nachvollziehbar.

Das war emotional eine spannende Erfahrung, weil in den Momenten, in denen man spielt, das Verliebtheitsgefühl dann auch ein Stück weit da war. Zumindest ging das mir so. Gleichzeitig war mir natürlich auch klar, dass das nur die Rolle ist.

Eine interessantes Erlebnis, wie ich fand: Emotionen zu triggern, während man in der Rolle ist. Und somit quasi die Emotionen eines Anderen zu fühlen.

 

Das Gedächtnis wird trainiert wie selten sonst

Theaterspielen ist eine monumentale Übung, um das Gedächtnis zu trainieren. Man hat nämlich eine ganze Menge Text. Und der muss natürlich auch sitzen.

Ich habe auch Filme gedreht, davon erzähle ich dir ein andermal. Worauf ich raus will: Theater ist diesbezüglich viel gnadenloser, was den Text und jede Bewegung angeht.

Klar, bei beidem ist es richtig schlecht, wenn man den Text nicht weiß. Ich habe schon mit solchen Leuten gedreht und es ist absolut anstrengend. Trotzdem kann man notfalls nochmal Szenen wiederholen und dann schneiden.

Das fällt beim Theater natürlich weg. Bei den Aufführungen muss es einfach klappen, ohne Wenn und Aber. Entsprechend intensiv musst du auswendig lernen.

Generell bin ich nicht so der große Auswendiglerner. Somit war das für mich immer eine Herausforderung. Ich hab es trotzdem gut geschafft und es war interessant, weil ich gesehen habe, dass ich auch Sachen, die mir nicht so liegen, locker machen kann, wenn es drauf ankommt.

 

 

Es ist schön, im Mittelpunkt zu stehen

Ich habe gemerkt, dass ich den Fame mag. Ich bin halt doch eine kleine Fame-Bitch 😉 Es ist schön, im Mittelpunkt zu stehen, im Fokus des Interesses. Und zu sehen, dass die Menschen feiern, was man macht.

Wir haben das Stück glaube ich dreimal aufgeführt, jeweils vor ausverkauftem Haus. Das war ein tolles Gefühl. Gleichzeitig war ich vorher natürlich unheimlich nervös.

Natürlich hatten wir Lampenfieber. Das gehört für mich aber dazu. Das hatte ich beim Konzerte geben mit meiner Band noch Jahre danach jedes Mal. Ich finde, das macht es gerade interessant – diese Angst vorher und der Kick dann, wenn man es geschafft hat.

Wahrscheinlich so eine Endorphin-Geschichte. Glückshormone und so.

Auf jeden Fall macht es Spaß.

 

Du erlebst, was „aufeinander verlassen“ heißt

Das Gruppengefühl beim Theaterspielen fand ich großartig. Ich denke, dass es dadurch entsteht, dass man sich so krass auf die anderen verlassen muss.

Man steht dann quasi ohne Netz und doppelten Boden zusammen auf der Bühne. Und klar passiert nicht wirklich was Schlimmes, wenn man einen Fehler machen würde. Aber es wäre peinlich. Und jeder verlässt sich eben auf den anderen. Niemand will die anderen hängen lassen.

Wir hatten vorher auch Teambuilding-Maßnahmen, um uns ein Stück weit besser auf uns gegenseitig einlassen zu können, weil es ja wirklich ein zusammengewürfelter Haufen war.

Die eigentliche Magie enststand dann aber durch die instensive Zusammenarbeit am gemeinsamen Projekt.

Und es ist ein wirklich cooles Gefühl, wenn man dann als Gruppe zusammenwächst und weiß, man kann sich auf die anderen verlassen. Und dann geht man gemeinsam raus und rockt das Ding.

 

Es ist leicht, hier Leute kennenzulernen

Ich weiß nicht, wie es sich auf der Bühne anfühlt, wenn man wirklich schüchtern ist. Ich ziehe viel Energie aus Zeit, die ich für mich selbst verbringe. Und ich halte mich bei neuen Gruppen auch gerne erstmal zurück und beobachte. Aber ich bin niemand, der generell ein Problem damit hätte, Menschen kennenzulernen oder mit ihnen zusammenzusein.

Obwohl ich es deshalb nicht endgültig beurteilen kann, würde ich dennoch sagen, dass Theaterspielen ein Hobby ist, bei dem man gut Leute kennenlernen kann. Gerade auch, wenn man sonst eher zurückhaltend ist.

Weil man doch sehr intensiv miteinander arbeitet. Und weil man aber gleichzeitig auch noch in der Rolle ist und deshalb eben vielleicht nicht sofort komplett All-In gehen muss mit den eigenen Emotionen.

Deshalb kann ich mir vorstellen, dass das vielleicht gerade für introvertierte Leute eine ziemlich gute Gelegenheit ist, sich spielerisch auf andere Menschen einzulassen und dieses Gefühl von Gemeinschaft auszukosten.

Aber keine Ahnung – vielleicht wird mir jetzt jemand richtig Introvertiertes sagen, dass er schon innerlich stirbt bei der reinen Vorstellung, auf einer Bühne zu stehen.

Kann ich nicht so einschätzen – schreibt es mir in die Kommentare, finde ich interessant, das rauszufinden.

 

Wie es mit dem Theaterspielen weiter ging

Das sind so die Sachen, die ich vom Theaterspielen mitgenommen habe. Die Theaterkarriere war danach übrigens noch nicht zuende.

Ich habe  im Jahr darauf den schwerhörigen Greis Strymodoros im antiken griechischen Stück „Lysistrata“ gespielt. Wir wurden dafür sogar mit einem Preis ausgezeichnet. Das war auch nochmal eine wirklich coole Erfahrung. Wir hatten eine top Vorbereitung, so richtig mit Workshop-Wochenende bei einem Theaterregisseur als Coach und gemeinsamen Übernachtungen auf einem Schlossgelände. Hat super Spaß gemacht.

Und obwohl ich nicht religiös bin, habe ich noch zwei oder drei Mal bei Weihnachtsspielen in der Kirche mitgespielt. Die waren allerdings etwas moderner und es gab keinen Joseph. Trotzdem habe ich damit auch dieses Trauma noch ausgewetzt. Ich habe noch Weihnachtskrippenspiel gespielt!

Nach der Schulzeit habe ich das Theaterspielen dann ad acta gelegt. Obwohl es sicher auch außerhalb der Schule genügend Möglichkeiten gibt, das auszuleben, in freien Theatergruppen oder auch an der Uni.

Denn die Wahrheit ist: Es hat mir riesig Spaß gemacht, aber es ist eben auch sehr zeitaufwändig. Und wenn du es machst, dann musst du es auch seriös machen.

Du hast viele Proben und die machen nur Sinn, wenn alle benötigten Darsteller auch immer anwesend sind. Wenn du es machst, muss es deshalb auch dein Haupthobby sein.

Das habe ich eine Zeitlang auch so gepflegt und es war cool, aber später wollte ich die Zeit und Energie einfach für andere Sachen aufwenden, die ich auch gerne mache. Vor allem für meine Band, die dann sehr, sehr viel Zeit gefressen hat – oder der ich sehr viel Zeit gerne gegeben habe.

Insofern war es das dann.

Das war meine Theaterkarriere. Ich bin mega froh, dass ich es gemacht habe. Es gehörte genau zu den Dingen, die ich gerne mal ausprobieren wollte. Die dann auch richtig Spaß gemacht haben und mich weiter gebracht haben, dadurch dass ich sie gemacht habe. Und damit ist das Bedürfnis bei mir nun aber auch ein Stück weit befriedigt.

Ich kann mir vorstellen, dass wenn sich mal was zufällig auftut, ich vielleicht nochmal wieder dabei bin, aber ich suche jetzt nicht aktiv danach, nochmal Theater zu spielen.

Ich empfehle es dir aber sehr, wenn du es noch nie gemacht hast.

Es ist eine sehr gute Erfahrung, die dich sicher weiter bringt!

 

Hast du schonmal Theater gespielt? Würde es dich reizen? Oder kannst du mit Theater so gar nichts anfangen? Was kannst du uns empfehlen, um spielerisch andere Rollen auszuprobieren? Schreib es in die Kommentare – das hier ist DEINE Community, und wir sind alle gespannt!

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Frank
Berlin

Hat Spaß daran, sich Sachen zu überlegen und die dann einfach zu machen. Liebt Herausforderungen und ist selbst gespannt, was dabei am Ende herauskommt. Fragt gerne, um zu verstehen. Handelt gerne, um auszuprobieren. Hat Spaß am Versuchen und Spaß an Ergebnissen. Scheitert zwischendurch auch ab und zu. Findet das aber nicht so schlimm.

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